Die Klimaerwärmung schreitet voran. Wissenschaftler zeichnen ein düsteres Bild für den Fall, dass dem nicht schnellstens entgegengewirkt wird. Martin Moedel, Geschäftsführer der Schilderfabrikation Moedel GmbH, hat deshalb die frei gewordene Zeit in der Corona-Pause genutzt und hat sein Unternehmen ein gutes Stück nachhaltiger gemacht. Die Schilderfabrikation Moedel GmbH trägt ihren Teil zum Klimaschutz bei und hat sich als klimaneutrales Unternehmen zertifizieren lassen.

Herr Moedel, Ihr Unternehmen gilt jetzt als klimaneutral. Was bedeutet das?

Wir haben eine Agentur beauftragt unseren ökologischen Fußabdruck zu berechnen um Klarheit
darüber zu gewinnen durch welche Aktivitäten im Unternehmen wie viel CO2 erzeugt wird. Daraus
hat sich ergeben, welche Maßnahmen man ergreifen muss um der Umwelt etwas zurückzugeben
bzw. etwas auszugleichen.

Wie läuft so ein Zertifizierungsprozess genau ab?

Dazu mussten wir diverse Angaben machen wie zum Beispiel über Stromzukauf, Müllentsorgung
Flugreisen, Firmenfuhrpark, Anzahl der Außendienstmitarbeiter mit gefahrenen Kilometern etc.
Wir haben Fragebögen bekommen die wir sehr detailliert ausgefüllt haben. Mit welchen Fahrzeugen kommen die Mitarbeiter zur Arbeit, also Kleinwagen, Mittelklassewagen oder Oberklassefahrzeug und wie viele Kilometer legen sie dabei täglich zurück. Die Zahlen wurden dann für ein Jahr hochgerechnet und pessimistisch aufgerundet.

Welche Maßnahmen haben Sie im Einzelnen ergriffen um die Klimaneutralität zu erreichen?

Eine erste Maßnahme war, dass wir Ökostrom zukaufen. Auch hier muss man schon aufpassen, dass es echter Ökostrom ist. Da gibt es einiges zu beachten. Die Agentur hat uns dabei viel geholfen. Wir werden unsere Sprinkleranlage ab jetzt auch mit Bio-Öl betreiben. Dann zählen natürlich die Sachen dazu, die für uns eine Selbstverständlichkeit sind und die wir schon immer haben. Das ist z.B. unsere Hackschnitzelanlage mit der wir unser ganzes Werk heizen oder unsere 100 KW Photovoltaikanlage die wir auf dem Dach haben und unsere Zisterne mit Regenwasser die wir nutzen. Die Agentur hat dann errechnet wieviel Tonnen Co2 die Firma Moedel im Jahr ausstößt. Davon werden dann Maßnahmen wie Job-Räder oder Ökostrom abgezogen. Dann bleibt aber immer noch eine gewisse Zahl an Tonnen Co2 übrig. Und um diese zu neutralisieren müssen in einem Entwicklungs- oder Schwellenland überwachte und zertifizierte Klimaschutzprojekte unterstützt werden.

Welche Projekte unterstützt Ihr Unternehmen?

Kohle ist nach wie vor die günstigste Methode um Energie zu erzeugen und man möchte hier
Entwicklungsländer motivieren die Kohle im Boden zu lassen, sie nicht abzubauen und nicht zu
verbrennen. Man stellt hier Geld zur Verfügung um in diesen Ländern die Produktion von sauberer
Energie zu ermöglichen. Wir investieren in Uganda in Wasserkraft und in Indien in PV-Anlagen. Es
gibt da eine große Auswahl an möglichen Projekten. Uns hätte auch ein Solarkraft- Projekt in
Äthiopien gefallen, aber das war schon fertig finanziert. Wichtig war für uns, dass man diese Projekte theoretisch auch besuchen kann und dass es zu 100 Prozent sicher ist, dass das Geld da wirklich ankommt.

Wie lange werden Sie in solche Projekte investieren?

Wir haben uns entschieden, das erstmal für 2 Jahre zu machen. Dann sind die Projekte, an denen wir beteiligt sind zu Ende finanziert. Danach werden wir uns neue, andere schöne Themen aussuchen. Klar ist, wenn wir nicht mehr in Klimaschutzprojekte investieren, dann sind wir auch nicht mehr
klimaneutral.

Welchen Einfluss hat das Projekt Klimaneutralität auf Ihre Betriebsabläufe? Wie reagieren die Mitarbeiter darauf?

Die Mitarbeiter nehmen das Thema sehr positiv auf. Da wir in unserer Branche viel Aluminium und
Kunststoff verarbeiten, finden wir und die Mitarbeiter das sehr positiv, an anderer Stelle wieder etwas auszugleichen. Einen direkten Einfluss hat das Projekt Klimaneutralität natürlich auf den Einkauf. Wir müssen darauf achten, dass das richtige Öl oder der richtige Strom zugekauft wird. Aber ansonsten geht das, in der Phase in der wir uns befinden, komplett an den Mitarbeitern vorbei. Das heißt, sie müssen nichts extra leisten. Lediglich während des Zertifizierungsprozesses mussten die Personalabteilung und der Projektbetreuer schon ein paar Arbeitsstunden extra investieren um alle Fragen mit der Agentur zu klären.

Die Schilderfabrikation Moedel im Amberger Industriegebiet

Das klingt nach einem überschaubaren Aufwand. Ist klimaneutrale Produktion für alle Unternehmen möglich?

Absolut. Wir halten die Sache für jeden durchführbar und bezahlbar. Auch die die Geschwindigkeit
hat uns überrascht. Wir haben es jetzt geschafft innerhalb von acht Wochen klimaneutral zu werden. Das freut uns natürlich. Wir hätten uns das alles deutlicher aufwendiger vorgestellt. Umso mehr sind wir jetzt motiviert.

Nehmen Sie beim Thema Klimaschutz auch Einfluss auf Ihre Zulieferer und Geschäftspartner

Wir werden unseren Zulieferern keine Vorschriften machen. Aber wir werden uns ein Bild davon
verschaffen wer in Sachen Klimaneutralität jetzt schon etwas leisten kann. Unsere Spedition, mit der wir täglich mehrere Fahrten durch ganz Europa machen zum Beispiel kann uns schon jetzt sagen, dass sie das klimaneutral macht. Unsere Paketdienstleister dagegen geben hier auch auf Nachfrage keine Auskunft.

Klimaneutralität zu erreichen war Ihre eigene Initiative. Müssen Unternehmen der Politik zeigen, wie Nachhaltigkeit funktioniert? Wünschen Sie sich von politischer Seite strengere Regeln in Sachen Klimaschutz?

Wir sind der Meinung, dass die Politik nicht nur Klimaneutralität fordern müsste, sie müsste das
Thema Klimaplus, also eine positive Co2-Bilanz, forcieren. Betriebe müssten Auflagen bekommen
der Umwelt wieder etwas zurückzugeben. Die Uhr tickt ganz gewaltig. Wir glauben das große Teile
der Bevölkerung gar nicht richtig aufgeklärt sind, wieviel Eis täglich schmilzt und wie viele Völker
schon in unsere Richtung wandern und was das eigentlich bedeutet, wenn wir die Welt weiter so
vergewaltigen wie wir das tun. Ich wünsche mir hier stärkere Aufklärung in allen Medien und ich
wünsche mir Auflagen, dass in einem gesunden und reichen Land wie Deutschland, mittelfristig eine positive Co2-Bilanz erreicht wird.

Wie sieht der weitere Weg Ihres Unternehmens in die Nachhaltigkeit aus?

Wir sind stolz auf das, was wir bisher angestoßen haben und werden die Effekte Ende 2020 auswerten.

Anfang 2021 werden wir uns damit auseinandersetzen, was wir noch tun können, um zum Beispiel den Co2 Ausstoß der Mitarbeiter bei der An- und Abreise zur Arbeitsstätte aktiv zu reduzieren. Durch Mitarbeiterfahrten, Dienstfahrten, den firmeneigenen Fuhrpark und Flugreisen werden immerhin 26% unseres gesamten Co2- Ausstoßes erzeugt. Natürlich interessieren uns auch weitere Klima- und Umweltprojekte. Es könnte sein, dass wir uns ein Bienenvolk anschaffen oder, dass wir noch in weitere Projekte in Entwicklungsländern investieren. Vielleicht können wir uns dann mit einer positiven Co2-Bilanz schon nächstes Jahr als Klimaplus zertifizieren lassen.