Jeder liebt es, jeder trinkt es und wenn sich keine Gelegenheit ergibt eines zu trinken, wird eine geschaffen. Von was hier die Rede ist? Natürlich vom Grundnahrungsmittel der Bayern, dem Bier. Amberg ist eine Bier-Stadt und eine der traditionsreichsten Brauereien ist der Winkler Bräu. Alles begann als die „Weißbräugesellschaft“ am 7. Mai 1617 ein Grundstück in der Oberen Nabburger Gasse erwarb, um darauf das Brauhaus zu errichten. Hier -innerhalb der Altstadtmauern – werden auch heute noch die Biere der Brauerei Winkler gebraut. Mehr Tradition geht fast nicht. Aber um diese zu erhalten muss für die Zukunft geplant und ständig modernisiert werden. Und das hat die Brauerei Winkler getan. Die bisher liegenden Lagertanks wurden durch stehende Edelstahltanks mit direkter Mantelkühlung ersetzt. Die Tanks wurden für die Lagerkeller maßgefertigt, um den Platz bestmöglich ausnutzen.  Über 500.000 € hat die Brauerei in den Standort Amberg und die eigene Zukunft investiert. Grund genug für uns, mit Maximilian Winkler über die Investition und noch viele andere Dinge zu sprechen.

Warum war eine so große Investition nötig?

Die alte Anlage war knapp 60 Jahre im Betrieb. Natürlich hätten wir noch was  flicken oder eine kleine Lösung suchen können. Aber wir wollten den gesamten Kältebedarf der Brauerei grundsätzlich anschauen und dann nicht den Fehler machten, eine Insellösung zu machen, wo man fünf Jahre später merkt, das hätten wir besser machen können .  Wir haben uns entschieden eine neue zentrale Kälteanlage anzuschaffen, die für die gesamte Brauerei ausgelegt ist. Auf die können wir nach und nach alle Abteilungen draufschalten.

Was war die größte  Herausforderung  bei dem Investitionsprojekt?

Im Lagerkeller reift das Bier nach der Gärung für mehrere Wochen bei kalten Temperaturen, bevor es abgefüllt werden kann. Unsere Lagerkeller sind in die Erhebung vom Schanzgäßchen Richtung Hinter der Mauer gebaut. „Keller“ ist dabei ein Brauerbegriff, der nicht unbedingt unterirdisch sein muss – aus Platzgründen in der Amberger Innenstadt sind einige Lagerkeller bei uns sogar im ersten Stock. Eine besondere Herausforderung war deshalb die Baustelle im bestehenden Gebäude und laufenden Betrieb: Während der Baustelle hat uns rund ein Drittel der Lagerkapazität gefehlt, weshalb eine Umsetzung nur im Winter möglich war, wo etwas weniger Bier getrunken wird. 

Neue Tanks, neue Kühlung – schmeckt das Winkler-Bier jetzt anders?

Am Brauprozess selber ändert sich dadurch ja gar nichts. In Kombination mit einer neuen zentralen Kälteanlage ist das aber der neueste Stand der Technik bezüglich Kühlung. Wir erwarten eine Stromeinsparung von mehr als 20% im Bereich der Bierlagerung und Bierreifung.

Die Modernisierung verspricht eine deutliche Energieeinsparung und damit auch eine noch nachhaltigere Bierproduktion.

Nicht nur Nachhaltigkeit spielte bei der Investition eine Rolle, die Brauerei Winkler hat auch bewusst den regionalen Wirtschaftskreislauf  gestärkt. Ist das richtig?

Die Tanks kommen aus Regensburg, von einer Firma, die auf Brauereitanks spezialisiert ist. Auch sonst haben wir sehr auf regionale Partner geachtet und vom Fliesenleger bis zum Elektriker, von der Baufirma bis zum Installateur,  Betriebe aus der Region beauftragt. 

Wie lange sichert die Investition die Produktion?

Wie langfristig die Investition angelegt ist zeigt, dass die letzten Tanks in diesem Raum ungefähr 60 Jahre im Dienst waren. Aufgrund der verbesserten Bauweise ist zu erwarten, dass die Nachfolger sogar noch länger halten – ganz klar also eine Investition in die Zukunft und ein Bekenntnis, dass wir weiter im Herzen der Bierstadt Amberg brauen wollen.

Rentiert sich eine solche Investition beim heutigen Preisdruck der Großbrauereien?

Großbrauereien sind nicht unsere direkten Wettbewerber.  Ein handwerkliches Bier wie wir es herstellen kann nicht das Gleiche kosten, wie das einer  Brauerei die vollautomatisiert,  Millionen von Hektolitern  herstellt. Wir machen speziellere und besondere Biere und sind regional verwurzelt. Wenn das der Verbraucher wertschätzt, dann haben wir eine Zukunft und dann rentiert sich auch die Investition.

Das Schöne ist, dass in den letzten Jahren der Trend dahin geht, dass die Verbraucher wieder eher das Regionale wollen.

Die Investition musstet Ihr aber nicht komplett alleine stemmen?

Das ist richtig. Bei einer so großen Investition muss man sich schon Gedanken über die Finanzierung machen. Was von Anfang an gut funktioniert hat, war das Zusammenspiel mit der Amberger Wirtschaftsförderung. Mit Alexander Seitz von der Gewerbebau haben wir uns frühzeitig zusammengesetzt und eruiert was möglich und was sinnvoll ist. Was dabei  rausgekommen ist, war ein Investitionskostenzuschuss von der Regierung der Oberpfalz. Entgegen aller Erwartungen gab‘s sogar den maximalen Fördersatz. Hier hat die Regierung auch, die für unsere Betriebsgröße außergewöhnlich hohe Investition in die Zukunft des Standorts gewürdigt. 

Die Brauerei produziert seit über 400 Jahren in der Amberger Innenstadt. Warum ist der Standort genau der Richtige?

Bei allen Nachteilen, von beengten Verhältnissen bis zum  Denkmalschutz, wäre die Alternative, im Industriegebiet eine Halle hinzustellen und alles vollautomatisiert durchlaufen zu lassen. Aber wir wollen keine Großbrauerei werden. 400 Jahre Tradition kann sich keiner kaufen und das wollen wir nicht aufgeben. Wir wollen keinen Betrieb haben, in dem wir nicht mehr jeden Mitarbeiter persönlich kennen. Wenn unser Ziel wäre, deutschlandweit zu verkaufen, dann wäre unser Standort der denkbar Schlechteste. Wenn man aber in der Region verankert bleiben will und Amberg und die Umgebung  mit dem bestmöglichem Bier versorgen will – wenn man das als Leitziel hat – dann ist das der perfekte Standort, hier im Herzen der Stadt.

Digitalisierung ist in den meisten Branchen eines der Zukunftsthemen.  Welche Rolle spielt die Digitalisierung im Brauwesen?

Sehr gemischt. Der Brauprozess und das Arbeiten mit natürlichen Rohstoffen, das bleibt uns Gott sei Dank.  Wir lassen nach wie vor Gersten auf Feldern im Landkreis Amberg-Sulzbach anbauen. Das Brauen bleibt ein sehr handwerkliches Gewerk. Das ganze Drumherum digitalisiert sich natürlich. Die neueKälteanlage hat auch einen Internetzugang. Hier kann der Hersteller z.B. per Fernwartung darauf zugreifen. Ich finde es sehr charmant, dass das Bierbrauen seit Jahrtausenden im Prinzip das Gleiche ist.

An den Grundprinzipien der Bierbrauerei wird auch die Digitalisierung nichts ändern. Trotzdem sind wir natürlich bemüht, keine Entwicklung zu verschlafen.

Das funktioniert bisher ganz gut. Zum Beispiel, wenn es im Sudhaus eine Störung gibt, dann bekommen unsere Brauer eine Nachricht auf’s Handy und können nachschauen was nicht stimmt. Das haben wir seit 20 Jahren. Ein aktuelleres Beispiel ist, dass wir im Corona Lockdown auf die Schnelle einen Onlineshop mit Lieferservice für Privatleute eingerichtet haben. Das wäre vor 10 Jahren noch nicht möglich gewesen. 

Der Corona-Lockdown hat viele Unternehmen hart getroffen, vor allem auch eure Kunden in der Gastronomie. Wie wirkt sich die Krise bei der Brauerei Winkler aus?

Die regionalen Brauereien sind schon massiv betroffen. Unsere Stärke ist, dass wir regional verwurzelt sind, dass wir viele Wirte beliefern, dass wir viel mit Vereinen zusammenarbeiten und viele Feste beliefern. Das ist heuer fast alles ausgefallen. In der Zeit als die Gastronomie komplett zu war, war es schon sehr hart. Es gab einen Monat da haben wir kein einziges Fass Bier verkauft. 

Kundenbindung ist da ein wichtiger Faktor. Hier seid ihr mit dem BierClub richtige Pioniere in Amberg. Habt ihr dadurch  einen positiven Effekt bemerkt? 

Das ist sehr schwer messbar. Aber wir haben sehr treue Kunden und da ist der BierClub ein Baustein. Der Club hat um die 1.000 Mitglieder und die haben schon versucht uns zu unterstützen. Die sind extra in die Brauerei gefahren um da ein, zwei Kästen Bier zu kaufen und uns Mut zuzusprechen.

Für die, die ihn noch nicht kennen. Wie funktioniert der BierClub genau?

Gründungsdatum ist der 22. Januar 2013 – genau 100 Jahre nach Begründung der Familientradition. Die Idee ist, den Leuten mehr Einblick in die Brauerei zu geben – was passiert hier,  was gibt’s Neues – und im geselligen Miteinander die Bierkultur pflegen. Ziel war auch die Kunden besser kennenzulernen und wenn wir wieder mal einen Sondersud herausbringen erreicht man über den BierClub gleich die Leute, die das wirklich interessiert. Nebenbei bekommt  jedes Bierclub-Mitglied einen Kasten Haustrunk im Jahr  und eine Frei-Maß auf dem Amberger Bergfest. Das lohnt sich für jeden, der rechnen kann. 

Noch ein anderes Thema. In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Craftbeer-Hype. Noch mehr Hopfen oder noch wildere Malz-Mischungen war das Credo. War der Einstieg in diesen Markt nie eine Option für die Brauerei Winkler?

Craft heißt ja wörtlich übersetzt „handwerklich gebrautes Bier“ „ und das machen wir ja eigentlich seit 400 Jahren.  Ich finde die Bewegung war sehr positiv, weil die Leute wieder über Rohstoffe oder über den Brauprozess geredet haben. Irgendwelche englische Bierstile anzugfangen, war aber keine Option für uns. Wir haben das auf unsere Weise interpretiert wie zum Beispiel mit der „hellen Freude“. Das ist ein kaltgehopftes Helles. Die Technik der Kalthopfung ist eine ganz spannende Sache.  Auch unser Jubilatus Weizenbock wäre ein klassisches Craftbeer,  wenn wir ein „fancy“ Ettikett  mit englischem Namen draufkleben würden.

Was ist eigentlich Dein Lieblingsbier?

Das kommt immer auf die Situation an. Am Bergfest muss es die Maß aus dem Steinkrug sein, zum deftigen Essen gern ein Zoigl, beim Fußballschauen ein Hefe-Weizen und nach Feierabend eine Helle Freude. Aber wenn ich mich festlegen muss, dann ist es das Urhell, weil das fast immer passt, immer schmeckt und einfach ein ganz typisches Bier für die Region ist und nebenbei auch unsere wichtigste Sorte.

Vielen Dank für das Gespräch! Interview: Christoph Fuchs

Über Maximilian Winkler

Maximilian Winkler ist 29 Jahre alt. Sein Abitur machte er am Gregor-Mendel-Gymnasium in Amberg. Danach studierte er in Weihenstephan Brauwesen und Getränketechnologie. Seine Masterarbeit schrieb er an der Universität von Cork (Irland). Danach sammelte er Arbeitserfahrung in Brauereien in Irland, Hamburg, Stuttgart, München und im Allgäu. Seit 2016 arbeitet er im Familienbetrieb.